KMU brauchen ein anderes Anforderungs­management als große Unternehmen

Ein integriertes Anforderungsmanagement (AM) ermöglicht eine effiziente und fehlerarme Entwicklung komplexer Systeme. Doch werden das AM und seine Methoden häufig in der Wichtigkeit unterschätzt und Anforderungen zu ungenau oder gar nicht dokumentiert, betroffene Steakholder nicht involviert oder relevante Phasen des Produktlebenszyklus außer Acht gelassen. Oft verfehlen daher Produktentwicklungen den angestrebten Kundennutzen, benötigen zusätzliche Entwicklungsschleifen oder führen im schlimmsten Fall zum vollständigen Scheitern der Projekte.

Auf dem Markt sind zahlreiche AM-Softwarelösungen verfügbar. Es reicht jedoch nicht aus, ein verfügbares AM-Tool zu beschaffen und einen Mitarbeiter zu schulen. AM-Tools müssen in den Produktentstehungsprozess integriert werden, was einen gewissen Grad an durchgängiger Digitalisierung der Prozesse und entsprechende Qualifikation der Mitarbeiter voraussetzt.

Anders als in großen Unternehmen ist es KMUs meist nicht möglich, Experten für das AM freizustellen oder neu einzustellen. Die Aufgaben des AM müssen von den Projektbeteiligten mit übernommen werden. Dies erfordert leicht zu handhabende Tools und angepasste Einführungs- und Qualifizierungs-programme.     

KMUs benötigen Lösungen, welche die Anwender aktiv bei der Bewältigung von AM-Aufgaben unterstützen, intuitiv und einfach zu bedienen sind und leicht in bereits bestehende Prozesse integriert werden können. Nur so können KMU, auch mit wenigen personellen und finanziellen Ressourcen, Anforderungen sinnvoll und in der entsprechenden Qualität managen.

Genau hier setzt das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt DAM4KMU an. Ziel ist es, Methoden und Konzepte zu entwickeln, um das Anforderungsmanagement mit Hilfe eines webbasierten digitalen Assistenzsystems auch für KMU effizienter und prozessintegrierter gestalten zu können.

Auf Basis einer Bedarfserhebung aus der Praxis werden Konzepte und Vorgehensmodelle für das AM und dessen Integration in die Unternehmensabläufe eines KMU entwickelt. Neben der Bereitstellung von „leichtgewichtigen“ AM-Tools werden auch Lösungen für die Digitalisierung der Entwicklungsprozesse prototypisch umgesetzt und durch den Anwendungspartner bezüglich des Bedarfs evaluiert.


In begleitenden Arbeiten des Forschungspartners wird untersucht, inwiefern in den einzelnen Entwicklungsphasen eine ganzheitliche Betrachtung von Anforderungen durch semantische Verknüpfungen von Anforderungen untereinander sowie mit relevantem Kontext (teil-) automatisiert möglich ist. Darauf aufbauend sollen Echtzeitanalysen bezüglich der Qualität, Redundanz, Abhängigkeit und Auswirkung auf das gesamte Anforderungsnetz durchgeführt werden. Der Nutzer der Lösung soll methodisch und kontextsensitiv bei der Erfüllung der AM-Aufgaben unterstützt werden.